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Und auch Künstler bauen Kugelbahnen. Im folgenden ein Zitat aus: Leben und Werk M. C. Escher, Mit dem Gesamtverzeichnis des graphischen Werks, Herausgegeben von J. L. Locher, 1986 Rheingauer Verlagsgesellschaft mbH, Eltville am Rhein (ISBN 3 88102 064 0).

Ausschnitte aus dem Kapitel Rom 1924-1935.

MOMENTAUFNAHMEN  Die Periode in Rom hat sich besonders in das Gedächtnis Georges tief eingeprägt. 1978 hat er über seine Erinnerungen seinem Freund J. R. Kist Nachfolgendes erzählt.

»Ein anderer Zeitvertreib für regnerische Sonntage oder sonnige Strandferien war die Bällebahn. Ich begeistere mich noch immer, wenn ich bedenke, welche fabelhaften Konstruktionen Vater gelegentlich für uns baute.
Ich weiß nicht, ob das Bällebahnprinzip aus seiner eigenen Jugend datiert, aber ich glaube, daß er es selbst allmählich entwickelt hat. Meine frühesten Erinnerungen daran beziehen sich auf ein sehr primitives Modell: Vater machte die Schienen unseres Spielzeugzuges aneinander fest, erhöhte mit einigen Spielzeugklötzen eine kleine Strecke der Bahn und legte einen hölzernen Ball auf den Bahnanfang. Der Ball rollte über die Schienen hügelabwärts, lief im Zickzack über die Bahn, fiel schließlich herab und rollte dann klappernd über den Fliesenboden aus.
Aus diesem einfachen Beginn sind in späteren Jahren (bis in Brüssel) unvorstellbar phantastische Bauwerke entstanden. Das Basisprinzip war immer dasselbe: einen Ball, vorzugsweise einen schweren, harten Ball wie eine kleine Billardkugel auf einem hohen Punkt starten zu lassen und diesen dann solange wie möglich, daß heißt, so langsam wie möglich, einen variierenden Pfad entlang seinen Weg zum Boden suchen zu lassen.
Das Bauen selbst begann immer von unten herauf und war ein aufregender, wenn auch für uns oft frustrierender Prozeß. Das erregende Element war, daß zu gleicher Zeit etwas erlebt werden konnte, und daß, je nachdem wie die Arbeit vorwärts kam, stetig neue Überraschungen passierten. Das frustrierende Element aber war der lange Zeitverlauf bis das Werk fertig war.

Das erste Stück der Bällebahn wurde auf dem Boden zusammengesetzt, meistens ein Satz Bahnschienen, weil diese eine feste Stütze brauchten. Der Hang wurde dann sorgfältig, Schritt für Schritt, aufgebaut, wobei immer wieder der Versuch gemacht wurde, ob der Ball das Ende erreichen würde. Falls der Ball zu schnell rollte, wurde der Neigungswinkel verkleinert. Dann folgte zum Beispiel eine Pappröhre, von denen mein Vater eine ganze Sammlung für die Versendung von Bildern hatte.
Eine Anzahl dieser Röhren in Zickzackform hintereinander brachte die Bällebahn auf Stuhlhöhe. Dann folgte vielleicht eine lange, dicke, hohle Gardinenstange, dann ein Brett, worauf eine Latte genagelt worden war, vielleicht noch ein paar Pappröhren, immer höher steigend, jetzt auf Tischniveau. Und jedesmal, wenn ein neues Stück am Beginn hinzugefügt wurde, mußte es für minimale Geschwindigkeit ausprobiert und nachgestellt werden. Der Tisch konnte in leichte Neigung gebracht werden, und mit Büchern, Holzblöcken oder einem dicken Seil konnte darauf ein Schlängelpfad angelegt werden.
Dann wieder höher, mit zwei Billardstöcken nebeneinander, nach einer Stuhllehne und so weiter, bis das Interesse nachzulassen begann oder die technischen Schwierigkeiten zu groß wurden. Einer der Reize dieser Bällebahnen war der Klang, den der Ball über den unterschiedlichen Materialien machte, abwechselnd dumpf, leer, metallisch und beschleunigend, wenn der Ball anfing, ein hübsches gerades Stück abzurollen, dann mit einem leichten Schlag auf einer neuen Strecke beinahe ins Stocken geriet, um nachher langssam wieder in Gang zu kommen. Wir konnten endlos damit spielen, immer wieder einen Ball am Ende aufnehmend und diesen wieder zum Beginn bringend. Einige der kompliziertesten Strukturen blieben Tage, wenn nicht Wochen stehen.
Während unserer Sommerferien wurde eine Variation in Sand hergestellt. Vater konnte sich dann beim Schaufeln eines riesigen Sandhügels abarbeiten, an welchem er dann einen Schlängelpfad für den Ball anlegte. Hier war eine andere Art Gewandtheit erforderlich, weil Sand austrocknet und eine feuchte, gut rollende Bahn nach einiger Zeit Schwierigkeiten mit winzigen Lawinen und absackenden Seitenstreifen macht.
Sein größter Triumph war eine große Bällebahn in La Panne, wo ein kleines Gummibällchen oben in ein Loch niedergelassen wurde, um dreißig Sekunden später wieder auf dem Boden zu erscheinen. Für den Tunnelbau hatte er speziell eine lange, runde Holzstange mitgenommen, um die herum der Sand aufgeschüttet wurde. Die Stange wurde dann herausgezogen, wobei ein schöner Tunnel entstanden war.«

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